Was ist Progressive Muskelentspannung?

Katze als Vorbild fuer progressive Muskelentspannung.

Der Charakter eines Menschen spiegelt sich auch in seiner Körperhaltung wider


Wenn wir uns überwiegend frei und glücklich fühlen, so sind auch unsere Bewegungen geschmeidig und „rund“. Nichts scheint uns einzuengen. Unsere Muskeln sind entspannt und dienen uns dazu, unseren Körper zu stützen und ihn seine Bewegungen ausführen zu lassen. Jeder, der Katzen kennt, kann ihre selbstsichere Haltung und geschmeidigen Bewegungen bewundern. Sie tun aber auch einiges dafür. Mehrmals über den Tag verteilt, spannen Katzen ihre gesamte Muskulatur an und entspannen sie nach einer Weile wieder.

Wir sollten es ebenso machen, denn wenn wir anhaltende Dauerprobleme haben, fühlen wir uns eingeengt und ängstlich. Dadurch verspannen auf Dauer auch unsere Muskeln, sodass der Körper wie eine Art „harter Panzer“ empfunden wird. Die Atmung ist flach und die Lebensenergie fließt nicht mehr frei. Diese Anspannung wird zum regelmäßigen Lebensbegleiter, zum Bestandteil unseres Charakters.

Progressive Muskelentspannung nach Jacobson


Der Begründer dieser Methode, Edmund Jacobson, erkannte den wechselseitigen Zusammenhang zwischen Muskelverspannungen und negativen Erregungszuständen, die z.B. durch Ängste und pessimistisches Denken entstehen können. Seine Methode wird auch oft „Progressive Muskelrelaxation“ (PMR) genannt. Fühlen wir uns unter Stress oder fürchten wir uns vor einer Situation, haben wir auch eine erhöhte Muskelspannung. Die Methode der progressiven Muskelentspannung besteht aus einer bewusst herbeigeführten Muskelanspannung der einzelnen, in einer bestimmten Reihenfolge angespannten Körperpartien und deren anschließenden bewussten Entspannung. Die Muskelanspannung (5-10 Sek.) soll uns ein Gefühl für unsere Muskeln geben, man spricht auch von der Entwicklung eines „Muskelsinns“.

Durch die folgende „Ermüdungserscheinung“ der Muskeln, können wir das Gefühl der Entspannung besser nachvollziehen, denn der Muskel fühlt sich nach maximaler Anspannung müde an und will sich ausruhen. Die anschließende Entspannungsphase sollte einige Minuten lang genossen werden, damit wir diesen entspannten Zustand „abspeichern“ und mit in unseren Alltag hineinnehmen können.

Es gibt einen Zusammenhang zwischen Unruhe und Muskelanspannung


Du kannst an dir selbst beobachten, dass das Gegenteil von Leistung, Anspannung und Stress, Entspannung und das bewusste „Geschehen lassen“, bedeuten. Beides manifestiert sich in deinem Körper und ist auf Dauer auch für andere sichtbar. Durch das frühe Erkennen der „Verkrampfungen“ einzelner Muskeln, erhältst du einen schnelleren Zugang zu deinen stressigen Gedanken und kannst schnell und effektiv mit diesem Entspannungsverfahren entgegenwirken. Es wird seit den 60er Jahren auch begleitend in der Verhaltenstherapie angewendet. PMR gilt als ein Hilfsmittel zur allgemeinen Stressbewältigung. Viele Menschen leiden darunter, dass sie nicht „abschalten“ können, oft einhergehend mit Einschlafstörungen. Auch dagegen kann die progressive Muskelentspannung sehr gut eingesetzt werden.

Durch Entspannungsverfahren deine Körperwahrnehmung steigern


Durch dieses erlernte Entspannungsverfahren bekommst du ein besseres Körperbewusstsein und spürst dadurch im Alltag sofort, wann sich deine Muskeln verspannen. Beispielsweise deine Nacken-Schulterpartie oder Gesichtsmuskulatur. Du bemerkst dadurch automatisch Unruhezustände oder sogar Ängste, denn dein Körper zeigt dir den Weg.

Am Arbeitsplatz haben die wenigsten von uns die Gelegenheit, sofort eine Entspannungseinheit auszuüben. Wir können jedoch zumindest schon einmal auf unsere Schultern achten und sie bewusst herunterfallen lassen. Ohne langes Nachdenken können wir unsere Verspannungen sofort der psychischen Anspannung zuordnen. Was wir bewusst wahrnehmen, können wir auch ändern.

Progressive Muskelrelaxation als Einstieg zum Autogenen Training


Die Muskelentspannungsmethode kann in Gruppen, als auch alleine eingeübt werden. Am wirkungsvollsten kann sie jedoch über die „gesprochene Anleitung“ erlernt werden. Viele Trainer des „autogenen Trainings“ verwenden die Muskelentspannung gerne am ersten Abend für die Einstimmung der Klienten mit ihrem Körper. Wichtig ist, dass sie häufig geübt wird, damit die Klienten ein gutes Körperempfinden bekommen und sie als Selbsthilfemethode regelmäßig bei Bedarf einsetzen können.

Der Körper als „Panzer der Persönlichkeit“


Ein andauernder „Unterdrückungsprozess“ von Stress und Emotionen macht sich in „panzerähnlichen Muskelverspannungen“ bemerkbar, die die Vitalität und Lebensfreude stark beeinträchtigen. Nach den Übungen fühlen sich die meisten Klienten wieder in ihrem Körper „zu Hause“. Muskeln und Nerven können sich entspannen, der Geist wird klar und eine innere Freude steigt auf. Die gestaute Lebensenergie kann wieder fließen, die Intuition durchkommen. Bei einem entspannten Körper kann sich auch die „Psyche entspannen“ und wird wieder frei für die Bewältigung aller Probleme.

Kontinuierliche Entspannungseinheiten über den Tag verteilt


Unser Alltag ist bestimmt von Hektik und Druck. Jeder kann aus seiner inneren Ruhe wieder herausfallen, aber auch wieder zurückfinden. Wichtig ist immer, in dich hineinzuspüren und schnellstmöglich wieder in die andere Richtung zu steuern. Anspannen und entspannen, ist wie einatmen und ausatmen. Du musst alte Emotionen nicht ewig mit dir herumschleppen, du kannst Gepäck ablegen, dich erleichtern und damit alles aus einer frischeren Perspektive betrachten.

An die Stelle der Anstrengung tritt dann wieder ein spielerisch leichtes Lebensgefühl. Nach ein paar Übungseinheiten ist die positive Veränderung auch durch eine selbstsichere Haltung und einen beweglicheren Bewegungsablauf sichtbar.

Fließende, weichere Bewegungen – eben wie die einer Katze.

Tamara Heuser