Bewusstsein bedeutet: Bewusstes SEIN

Entspannte Frau bewusst im Hier und Jetzt unter freiem Himmel.
 

Wie werde ich denn bewusst?


Immer wieder werde ich gefragt, wie wir es schaffen können, auch im Alltag bewusst zu sein? Wie können wir bei uns sein, wenn doch stets so viele unterschiedliche Anforderungen an uns gestellt werden? Bewusstseinsmethoden und andere Konzepte seien doch viel zu anstrengend und zeitintensiv!

Wenn Klient:innen mit mir im Gespräch sind, wird ihnen vieles bewusst und sie erkennen auch die Gedanken hinter ihren Gefühlen und Handlungen. Zurück in ihrem Alltagsgeschehen, zwischen Job, Kind und Partnerschaft – fehlt ihnen dann oft wieder diese Klarheit. Sie wissen häufig nicht, wie sie sich in einer bestimmten Situation verhalten sollen und fangen an, sich selbst in Frage zu stellen. Damit beginnt die Abwärtsspirale der schlechten Gefühle.

Was bedeutet Bewusstsein?


Alle Informationen sind in jedem Moment vorhanden, sie wollen nur beachtet werden. Dazu benötigen wir das „ruhige Bewusstsein“. Bisher gab es noch kein Schulfach, indem wir lernten, wie wir einen Zugang zu unserem Innenraum wieder aufbauen können. Wir sind zwar in der Lage, klar zu formulieren was wir denken und fühlen, aber empfinden nichts dabei und bleiben in unserem Kopf. Dann haben wir Zweifel, ob wir dem Verstand einfach folgen sollten, oder ob es da nicht doch noch so etwas wie eine „innere Weisheit“ gibt, die auch mit einbezogen werden sollte?

Deine Wahrnehmungsfähigkeit ist trainierbar


Es gibt eine ausgezeichnete Methode, mit deinen inneren Vorgängen wieder in Kontakt zu treten. Hierzu brauchst du keine besonderen Kenntnisse und du musst auch nicht unbedingt Meditationserfahrungen haben, dich vegan ernähren oder mit sonstigen spirituellen Praktiken vertraut sein. Oft stehen uns gerade gut gemeinte Regeln unserer „reinen Wahrnehmung“ völlig  im Wege. Je stärker wir uns jedoch unser „Nicht-Wissen“ erlauben, je einfacher öffnet sich der Zugang zu einer völlig neuen Innenwelt – zu uns selbst.

Lautes Aussprechen deiner eigenen Empfindungen


Ein einfacher Weg deine „destruktiven Gedankengänge“ zu beenden, ist bewusst in der Gegenwart zu sein. Einfach durch „lautes Aussprechen“ deines momentanen Empfindens. Am besten bleibst du für alles offen, was sich gerade zeigen will. Es können Körperempfindungen, Gedanken oder auch Gefühle sein, je nachdem wozu du anfangs den besseren Zugriff erhältst. Durch gezielte, laut ausgesprochene Fragen kannst du mit dem jeweiligen Bereich in Kontakt treten, und klare Antworten erhalten:

  • „Was geht denn gerade in meinem Körper vor?“ (Starkes Herzklopfen, Magendrücken, Schulterverspannungen, etc.)
     

  • „Welche Gefühle habe ich jetzt in diesem Moment?“ (Trauer, Wut, Angst, Schuld- oder Schamgefühle, etc.)
     

  • „Welche Gedanken gehen mir gerade durch den Kopf?“ (z.B. „Ich möchte am liebsten nicht dort hingehen, es macht alles keinen Sinn, ich sollte schon viel weiter sein, warum ist das alles so dumm gelaufen…?“)

Meistens wirst du dann schon ruhiger und nimmst nur wahr, dass du gerade wahrnimmst. Diese „Übung des reinen Beobachtens“ kann Gefühle hervortreten lassen, auf die du ohne diese hilfreichen Fragen nie gekommen wärst. Auch kann es sein, dass einige Probleme plötzlich in einem ganz neuen, sogar positiveren Zusammenhang gesehen werden.

Klarheit im Denken und Fühlen


Gerade durch das anfangs „laute Sprechen“ bekommst du einen ganz neuen Bezug zu deiner belastenden Situation. Das ist so ähnlich, als würdest du dich einem guten Freund anvertrauen. Denkst du still vor dich hin, können endlose Gedankenschleifen entstehen. Sobald du die Dinge laut aussprichst, findest du Klarheit im Denken und damit auch im Fühlen. „Du redest dir alles laut von der Seele“, indem du jetzt gerade selbst dein bester Freund bist.

Mit ein wenig Übung bist du dann nach einer Weile auch in der Lage, ohne lautes Sprechen, bewussten Kontakt mit deinen inneren Vorgängen aufzunehmen. Du lernst alles zuzulassen, was du im „gegenwärtigen Erleben“ wahrnimmst, ohne Interpretation und ohne Bewertung. Dies würde dich sonst nur wieder in alte Denkprozesse zurückfallen lassen, die nichts zur Problemlösung beitragen können.

Durch Bewusstwerdung verborgene Muster erkennen


Diese Übung wird noch erweitert, indem du deine Aufmerksamkeit nicht nur nach innen zu dir selbst, sondern zusätzlich auch auf die Außenwelt lenkst. Dadurch kannst du erkennen, durch welche Sinneseindrücke du bestimmte Körperempfindungen, Gefühle, oder Gedanken wahrnimmst. Diese Bewusstwerdung kann helfen, komplexe Muster zu erkennen. Plötzlich weißt du, welche Gedanken bei dir ein bestimmtes Gefühl der Hilflosigkeit auslöst, wie du dich dabei fühlst und welche Handlungsschritte dadurch normalerweise ausgelöst werden. Beispielsweise erkennst du, dass du gewöhnlich bei einem Streit einfach aus dem Zimmer läufst und dich zurückzuziehst, ohne überhaupt versucht zu haben, deinen eigenen Standpunkt mitzuteilen.

Automatismen ausschalten


Allein diese „Bewusstheit“ kann schon einen kathartischen Effekt haben und deine automatisch ablaufenden Verhaltensmuster unterbrechen. Sie verlieren ihre  „negative Macht“ im jetzigen Moment, und damit auch für die Zukunft. Durch diese „bewusste Erkenntnis“ kannst du eine positivere Zukunft gestalten, was nicht möglich wäre, wenn du an gestrigen Emotionen und Verhaltensweisen festhalten würdest.

Gleiches gilt für belastende Emotionen. Wenn du die Wut und Angst einfach mal ohne Bewertung zulassen könntest und sie lediglich als ein Phänomen in deiner Psyche akzeptierst, müsstest du nicht länger gegen sie ankämpfen. Der Druck wird herausgenommen, sie verlieren ihre Bedeutung und lösen sich bestenfalls ganz von alleine auf.

Bewusst im Hier und Jetzt sein


Die Konzentration auf das „gegenwärtige Erleben“ kann also dazu führen, dass bisherige Abwehrmechanismen reduziert werden, und anschließende Verhaltensänderungen fast automatisch entstehen. Wer bei diesem Prozess langfristig Erfolg haben möchte, muss die innere Haltung entwickeln, dem eigenen „inneren Erleben“ wertfrei und akzeptierend gegenüber stehen zu wollen. Dies ist nicht immer leicht, besteht unser Alltagsleben doch aus ständigen Bewertungen und Verurteilungen.

Die Rolle des Beobachters


Wir brauchen die richtige Distanz zum eigenen Erleben. Wir dürfen nicht zu distanziert sein, da wir uns dann unseren Gefühlen in den Weg stellen – aber auch nicht zu stark involviert sein, sonst können wir nicht mehr auf die Besonderheiten achten, die möglicherweise zu Veränderungen führen könnten.

Deinen Bewusstseinsstrom zulassen


Gelingt es dir, eine angemessene Distanz einzunehmen und Empfindungen vorurteilsfrei zuzulassen, hast du die Chance, dich mit deinem „persönlichem Bewusstseinszentrum“ zu verbinden. Alles ist gut, wie es sich zeigt, die Empfindungen dürfen frei „fließen“. Nichts kann dich in diesem Moment aus der Balance bringen. Du bist selbst zu einem sicheren Ort geworden. Du siehst und bemerkst alles, musst aber nicht eingreifen oder agieren. Dieser Zustand des „inneren Erlebens“ hat immer eine gewisse Leichtigkeit und innere Freiheit zur Folge. Du lernst immer mehr deine begrenzte Wahrnehmung durch ständige Bewertungen und Verurteilungen in deinem Alltagsbewusstsein aufzuheben.

Beobachten kann auch Spaß machen


Der Spaß beginnt, wenn du merkst, dass du durch dieses Bewusstsein lernst, deine eigenen „Antennen“ auszufahren und feiner darauf zu achten, was vorher unbewusst war. Dieses „ruhige Bewusstsein“ bringt dir Klarheit zurück und die Gewissheit, dass du gar nichts falsch machen kannst, wenn du dir selbst vertraust.

Wahrnehmung ist stets neutral, es gibt keine Wünsche, Illusionen oder falsche Einsichten. Die Realität wird nicht mehr verzerrt gesehen, der Blick ist frei und klar auf Entscheidungen gerichtet, die sich an den realen Gegebenheiten orientieren – aber immer in Abstimmung mit deinem eigenen Wohl. Da ist dann kein Platz mehr fürs „Verbiegen“ und für halbherzige Notlösungen.

Du bist weniger manipulierbar


Du erkennst plötzlich, wie die Innen- und Außenwelt miteinander zusammen hängen. Niemand kann dir dann noch ein Gefühl „machen“. Von außen können nur „Einladungen“ kommen, doch du hast die Freiheit, dich für eine bestimmte Wirklichkeit - und damit Reaktion zu entscheiden. Du erkennst, dass das Unsichtbare eben auch wesentlich ist. Wie deine Gedanken - du kannst sie nicht sehen und doch sind sie Teil von dir.

Du machst dich nicht mehr selbst zum Teil des Problems


Unsicherheiten und Ängste die in dir hinein konditioniert wurden, kannst du auflösen. Aus der „Beobachterrolle“ lernst du, dass du nicht Teil des Problems sein musst, um es zu lösen. Du hast den nötigen Abstand und bist nicht mehr identifiziert mit dem Problem. So kann beispielsweise ein cholerischer Chef als das erkannt werden, was er gerade ist. Nämlich wütend und hilflos – mit dir als Person hat das nichts zu tun. Es sei denn, du möchtest zum Teil „seines“ Problems werden. Dann bist du in Gedanken sofort wieder in den Angelegenheiten eines anderen – und nicht mehr bei dir.

Vorteile des Bewussten Seins


Dein Zeitempfinden bekommt eine neue Qualität. Du hast gefühlt „mehr Zeit“ für Dinge, die dir wichtig sind. Die „Grübel-Zeit“ entfällt und du kommst schneller in die Handlung. Entscheidungen werden nicht „kopflastig“ getroffen, sondern verbinden Herz und Verstand. Deine Kommunikation mit anderen erfährt eine neue Tiefe. Du spürst dich im JETZT, nimmst alles wahr und bist damit ein wohltuender Gesprächspartner.

Wir haben alle feine Antennen und merken sofort, ob jemand während einer Unterhaltung präsent oder gedanklich schon bei einem ganz anderen Thema ist. Wir können uns nur klar und kraftvoll ausdrücken, und gleichzeitig ein Gespür für unseren Gegenüber haben, wenn wir uns selbst in diesem Moment bewusst spüren. Mit ehrlichen Gesprächen und Beziehungen wird das Leben automatisch facettenreicher. Wir erleben mehr Vitalität, Freude und Leichtigkeit. Projekte, Wünsche und Vorstellungen können spielerischer umgesetzt werden.

Es gibt keinen Schritt zurück


Wenn du einmal die Erfahrung gemacht hast, dass du Teil dieses „Bewusstseinsfeldes“ bist, kannst du gar nicht mehr „nicht bewusst“ sein, ohne es sofort zu bemerken. Du erhätst nicht nur effizientere Lösungen, sondern bringst automatisch deine Persönlichkeitsentwicklung in Gang. Du wirst freier und selbstbestimmter, weil du jetzt weißt, was für dich stimmig ist.

Bewusstsein ist dann kein Mantel mehr, den du dir mal eben über die Schulter legst und nach Belieben wieder an der Garderobe abgiebst. Dein Bewusstsein ist bei dir. Du kannst lernen, es ständig zu spüren. Du nimmst es überall mit hin. Zuhause zu den Kindern, ins Büro, zum Sport, in die Partnerschaft, ja – selbst der unangenehme Hausputz kann dadurch eine neue Qualität erhalten.

Bewusst SEIN kannst du überall trainieren - wenn du dir dessen bewusst bist.

 

Tamara Heuser